
Allmählich kehren alle Urlauber wieder nach Breisach zurück. Viele haben es in diesem von der Corona-Pandemie geprägten Jahr vorgezogen, ihren Urlaub lieber in der Heimat zu verbringen, so auch Bürgermeister Oliver Rein mit seiner Familie.
Echo am Samstag hat mit ihm gesprochen. Vor allem über jene Themen, die derzeit die Menschen bewegen – ob es die Nutzung des Marktplatzes als Planschbecken ist, oder die Sorge um den Bestand der einheimischen Gastronomie.
Sie waren im Sommerurlaub. War das ein uneingeschränktes Vergnügen, oder war der Gedanke an die Pandemie immer dabei?
Oliver Rein: Teils teils. Ich versuche schon, die Pandemie soweit es möglich ist, auch mal auszublenden. Unsere Familie konnte sich im Sommerurlaub wirklich gut erholen. Wir waren auf der Insel Borkum. Die weiten Strände auf der Insel waren natürlich ideal – letzten Endes auch, um die Pandemie z.B. bei ausgedehnten Strandsparziergängen, wenigstens kurzzeitig zu vergessen.
Seit Anfang März leben wir im Ausnahmezustand, unser Leben ist von einer neuen Normalität geprägt. Die Corona-Pandemie bestimmt unseren Alltag – auch wenn es viele Lockerungen gegeben hat. Nun sind die Sommerferien vorbei. Die Schule beginnt nächste Woche, mit vielen Einschränkungen. Viele Betriebe arbeiten wieder fast normal, soweit man auch hier von Normalität sprechen kann. Es gibt aber auch wieder schlechte Nachrichten: auf beiden Seiten des Rheins nehmen die Neuinfektionen zu. Straßburg z.B. ist seit der vergangenen Woche sogar „Rote Zone“. Das Departement Haut-Rhin ist derzeit glücklicherweise noch weniger stark betroffen.
Die eigentlich offenen Grenzen sind wegen der Pandemie zwei Monate dicht gemacht worden. Können Sie sich eine Wiederholung dieses Szenarios vorstellen? Sind Sie mit den Behörden im Nachbarland eigentlich im engen Kontakt, um Maßnahmen zu koordinieren?
Oliver Rein: In der Pandemie gibt es klare Zuständigkeiten. Diese liegen insbesondere bei den Gesundheitsämtern. Ich nehme an, dass diese in einem guten Kontakt mit unseren französischen Nachbarn sind. Auch hat man aus der Krisensituation im Frühjahr gelernt. Eine Schwäche zu Beginn der Pandemie war ganz sicher die nicht optimale Abstimmung zwischen beiden Ländern. Eine plötzliche, abrupte Grenzschließung wird sich jedenfalls nicht wiederholen, davon bin ich überzeugt. Sollten auf französischer Seite die Zahlen wieder so stark steigen und das Elsass zum Risikogebiet erklärt werden, halte ich es für ein Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme, die Grenzen wieder zuschließen um die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen. Das hat weniger mit den Grenzen eines Nationalstaats zu tun, vielmehr geht es um die Einschränkung der Freizügigkeit. Gleiches gilt selbstverständlich für unseren Landkreis, d.h. für den Fall, dass wir zum Risikogebiet erklärt würden. Einen zweiten Lockdown wie wir ihn im Frühjahr erlebt haben, können wir, meiner Meinung nach, nicht ein zweites Mal verkraften. Sollten die Zahlen wieder über einen kritischen Punkt steigen, womit wir rechnen müssen, muss gewährleistet sein, dass die Wirtschaft nicht wieder praktisch auf Null gefahren wird. Einschränkungen sollten gezielter erfolgen. Ein Testlauf in Sachen Infektionszahlen steht uns ja in der kommenden Woche bevor, wenn die Schule wieder beginnt. Für unsere Schülerinnen und Schüler ist es wichtig und höchste Zeit, wieder so etwas wie einen Schulalltag zu erleben. Das gilt für die Grundschülerinnen und -schüler, wie für alle anderen auch. Sonst geraten vor allem die unter die Räder, die nicht zu den Top-Schülern gehören. Es ist wirklich eine gebeutelte Generation.
Mit dem Sommer endet wohl auch die große Zeit der Außengastronomie. Gastwirte warnen heute schon davor, dass die Einschränkungen durch die Pandemie auf Dauer nicht tragbar sind. Ist die Breisacher Gastronomie existentiell bedroht? Muss der Staat hier noch nachsteuern?
Oliver Rein: Die letzten Wochen hatten wir schönes Wetter und konnten dadurch viel Zeit Draußen verbringen, gerade auch in der Gastronomie. Sicher wird es so nicht bleiben. Der Lockdown hat die Gastronomie besonders stark getroffen. Die fehlenden Umsätze können nicht nachgeholt werden. Auch gehen viele, gerade aus den Risikogruppen, nicht mehr so oft auswärts essen oder treffen sich mit Bekannten im Café oder Restaurant, vor allem wenn sie drinnen sitzen müssen. Das merken unsere Gastronomen. Ich befürchte, dass nicht alle Betriebe diesen Ausfall ausgleichen können.
Der neue Marktplatz war in diesen heißen Tagen so etwas wie das zweite Breisacher Freibad mit dem Vorzug, dass Kinder den ganzen Tag dort planschen konnten – manchmal auch Erwachsene. Sehen Sie die Stadt gefordert, hier einzugreifen? Oder sollte man angesichts der Umstände auch 2021 beide Augen zudrücken?
Oliver Rein: Ich habe nichts dagegen, wenn der Marktplatz von den Kindern genutzt wird. Im Gegenteil. Teilweise ist das Treiben am Marktplatz in den vergangen Wochen aber sehr ausgeufert. Diese Situation möchten wir auf Dauer nicht haben. Wegen der Corona-Pandemie haben wir diesen Sommer ein Auge zugedrückt, aber der Marktplatz ist nun mal auch kein Planschbecken. Vor der Umgestaltung war der Marktplatz ein Parkplatz mit zufallenden Türen, Motorenlärm und Abgasen. Mit der Neugestaltung wollten wir die Aufenthaltsqualität in unserer Innenstadt stärken. Im nächsten Jahr werden wir die Nutzung klarer steuern, um die Attraktivität des Platzes zu erhalten. Wir appellieren hier besonders an die Eltern. Im Übrigen könnten wir die Wasserspiele ja beliebig steuern, zum Beispiel auf 20 Minuten Laufzeit pro Stunde reduzieren. Das wollen wir eigentlich nicht.
Wenn Sie eine Liste der wichtigsten städtischen Projekte aufstellen sollten, wie würde die aussehen? Was ist machbar, was muss erst einmal verschoben werden?
Oliver Rein: Die Bundes- und Landesregierung hat einen beachtlichen Rettungsschirm über die Kommunen ausgebreitet. Etwas anderes zu behaupten wäre nicht fair. Die Kommunen sollen auch weiter investieren. Es wäre für die Wirtschaft fatal, wenn Städte und Gemeinden ihre Ausgaben, insbesondere Investitionen auf null stellen. Meine Devise ist deshalb auch, wenn möglich geplante Investitionen nicht zu verschieben, wobei wir natürlich unsere Leistungsfähigkeit im Blick behalten müssen. Für 2021 steht für mich die Renovierung des stillgelegten Waldschwimmbads mit an oberster Stelle, weil das eine wichtige Infrastruktur für ein Mittelzentrum ist. Wir müssen außerdem weiter dringend benötigten Wohnraum schaffen, die Vogesenstraße 3 soll hier ein Vorzeigeprojekt der Stadt werden. Mit diesen Großprojekten sind wir gut ausgelastet. Ich hoffe, dass wir trotz der Corona-Pandemie und Auswirkungen auch auf unsere Kommune unsere städtischen Projekte wie geplant durchführen können.
Wie optimistisch sind Sie, dass wir dank Impfung und Medikamenten bald ein Ende der Pandemie absehen können?
Oliver Rein: Wir schaffen das alles, auch wenn Alltagsmaske, Händehygiene und Abstandsgebot uns noch länger begleiten werden. Wo liegen denn die Einschränkungen? Wenn wir damit uns und andere schützen können, ist das doch OK. Ich denke, ab 2022 haben wir es geschafft, dann hat der coronafreie Alltag uns wieder.
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